"Oceano mare (it.) / Oceano Mare (dt.)"
(Piper, Taschenbuch, 2. Auflage, 2002, gelesen: November 03)
"Irgendwann und irgendwo an einem Meer eine Pension, in der sich eine skurrile Gesellschaft zusammengefunden hat: ein Maler, der das Meer mit Meerwasser malt, ein Wissenschaftler, der die Wellen erforscht, ein junges Mädchen, das zu zart ist, um zu leben, und zu lebendig, um zu sterben. Die illustre Schar der hier Gestrandeten und die besondere Atmosphäre verleihen diesem poetischen Märchen magische Anziehungskraft."
Alessandro Baricco ist nichts anders als ein Dichter, der die wunderschönsten poetischsten Geschichten schreibt, die ich bisher gelesen habe. Manchmal durchschaut man vielleicht die Worte oder den Sinn der Verse nicht direkt, und die Geschichte erscheint arg verworren zu sein, aber am Ende merkt man ganz sicher, dass man wieder ein bezauberndes Stück Poesie gelesen hat.
Die Geschichte um die merkwürdigen Bewohner der Pension Almayer ist vielleicht Bariccos versponnenste und merkwürdigste (auf jeden Fall von denen, die ich bis jetzt gelesen habe), aber es lohnt sich unbdingt, ihr eine Chance zu geben. "Oceano Mare" ist ein kleines Meisterwerk des Geschichten erzählens!
Zur Verdeutlichung von Bariccos Sprache hier vielleicht mal ein Beispiel-Absatz: "In diesem Augenblick war alles möglich. Tatsächlich gibt es Augenblicke, in denen das allgegenwärtige und logische Netz kausaler Zusammenhänge vom Leben überrumpelt kapituliert und ins Parkett hinabsteigt, um sich unter das Publikum zu mischen und zuzulassen, daß auf der Bühne eine unsichtbare Hand im Licht einer schwindelerregenden, plötzlichen Freiheit im unendlichen Schoß des Möglichen fischt und von Millionen Dingen ein einziges geschehen läßt." (S.60f)
[Dorothée Büttgen, April 04 - Für Fragen und Kommentare gibt's das Forum]
"Novecento (it.) /
Novecento (dt.)"
(Piper, Taschenbuch, 1. Auflage, 2000, gelesen: August 01)
"Auf dem luxuriösen Ozeandampfer Virginian, der zu Beginn des Jahrhunderts zwischen der Alten und Neuen Welt hin- und herpendelt, wird ein ausgesetztes Baby gefunden, dem die Matrosen den Namen seines Geburtsjahres geben: Novecento - 1900. Ein seltsames Schicksal wird diesem Findelkind beschieden sein: Novecento wird zeit seines Lebens nicht mehr von Bord gehen. Als der sagenhafte Ozeanpianist wird er zur Legende. Er kennt nur seine Musik, die eine magische Anziehung auf alle ausübt, die sie hören."
Eigentlich handelt es sich bei dieser Erzählung um ein Theaterstück, komplett mit Regieanweisungen. Beim Lesen hat man das Gefühl, die Gestalten auf der Bühne leibhaftig vor sich zu sehen und eine interessante Stunde im Theater zu verbringen. Viel länger dauert es nämlich nicht, die Geschichte zu lesen, wenn man nicht gestört wird, da das Buch leider nur 83 Seiten "dick" ist.
Aber während des Lesens hört man die Musik des Ozeanpianisten Novecento, riecht den Geruch des Meeres auf dem Dampfer und sieht das Gewühl der Menschen im Hafen. Ich habe selten eine so "sinnliche" Geschichte gelesen. Wer es bedauert, dass die Geschichte so kurz ist, der sollte sich auf jeden Fall noch Bariccios andere Romane gönnen.
Die Geschichte wurde unter dem Titel "Die Legende vom Ozeanpianisten" von Giuseppe Tornatore verfilmt, mit Tim Roth in der Rolle des Novecento.
[Dorothée Büttgen, Oktober 01]
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